Im Hauruck-Verfahren mussten nach Ausbruch der Corona-Pandemie tausende Homeoffice-Arbeitsplätze eingerichtet werden. Laut dem Branchenverband Bitkom arbeitete schon Ende März jeder zweite Berufstätige ganz oder überwiegend im Homeoffice. Viele Firmen waren von den neuen Anforderungen überrumpelt. „Die Corona-Pandemie hat die Arbeitswelt in ihre digitale Zukunft versetzt und den IT-Verantwortlichen die Stellschrauben aufgezeigt, an welchen sie bei ihrem Digital-Workplace-Ansatz noch drehen müssen“ sagt Oliver Schorer, CIO und Mitglied des Vorstands bei CHG-MERIDIAN.
Vorteile hatten die Unternehmen, die schon vor der Pandemie das Thema Remote Work vorangetrieben hatten. Das bestätigen auch viele der von uns befragten IT-Verantwortlichen, beispielsweise Andreas Plaul, Head of ICT Services bei der Haufe Group: „Mobiles Arbeiten war bei uns schon vor der Corona Krise etabliert, deshalb waren unsere Mitarbeiter bereits mit entsprechenden Endgeräten ausgestattet. Diese Investition zahlte sich jetzt aus, denn sie ermöglichte den nahtlosen Übergang von über 2.000 Mitarbeitern zum mobilen Arbeiten“, gibt er als Grund für deren problemlose Umstellung an.
Thomas Henzler, CIO beim Ventilatorenhersteller Piller Blowers, hatte ebenfalls bereits vor der Pandemie in die mobile Arbeitswelt investiert und die gesamte Arbeits- und Collaboration-Infrastruktur auf Remote Work umgestellt. Dazu gehörten Änderungen an der IT-Infrastruktur sowie neue Tools wie Microsoft Teams und SharePoint Online. „Jeder Mitarbeiter verfügt heute über ein persönliches OneDrive, womit alle Daten orts- und geräteunabhängig verfügbar sind“, sagt Henzler.
Andreas Plaul von der Haufe Group weist jedoch darauf hin, dass es beim Digital Workplace ein „One-Size-Fits-All“ nicht geben kann: „Wir nutzen verschiedene Arbeitsplatzkonzepte, die ein sehr hohes Maß an Mobilität mit sich bringen und auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Bereiche abgestimmt sind.“
Wir nutzen verschiedene Arbeitsplatzkonzepte, die ein sehr hohes Maß an Mobilität mit sich bringen und auf die individuellen Bedürfnisse der jeweiligen Bereiche abgestimmt sind.
Oliver Schorer sieht den mobilen Arbeitsplatz in einem größeren Zusammenhang. „Der Digital Workplace ist ein aufeinander abgestimmtes Nutzungskonzept zwischen Technologie, Plattform und Digital Mindset. Dieses Konzept muss entsprechend anpassungsfähig sein, da sich die Anforderungen von Unternehmen und Mitarbeitern dynamisch ändern. Zu den Gewinnern werden diejenigen Unternehmen zählen, denen es gelingt, ihre digitalen Arbeitsplätze möglichst flexibel zu managen – und zwar im internationalen Maßstab.“
Auch Thomas Henzler betrachtet den Digital Workplace im breiteren Kontext der Digitalisierung: „Unsere digitalen Arbeitsplätze sind eine Kombination aus Prozessen und Technologien sowie den Fähigkeiten, diese effizient einzusetzen“, erläutert er. „Diese Kombination bietet eine flexible Struktur, sodass wir mit fast allen verfügbaren Endgeräten, wie iPads, iPhones und Laptops, arbeiten können.“
„Ein Digital Workplace, der alle Aspekte adressiert, wird auch von den Mitarbeitern leichter angenommen“, bestätigt Peter Janze, Geschäftsführer und CIO bei Digital@M, der Digitalberatung der bayerischen Landeshauptstadt München. Auch er bestätigt, dass die Akzeptanz eher vorhanden ist, je mehr Prozesse bereits zuvor digitalisiert wurden. Dennoch weist er darauf hin, dass Technik nur ein Teil des Ganzen ist. „Wichtig sind begleitende Maßnahmen, wie internes Marketing und der Einfluss von Meinungsführern“, sagt Janze.
Anwendungsseitig drückte sich Remote Work in den letzten Monaten vor allem in Form von Web- und Video-Konferenzen aus. Laut einer gemeinsamen Untersuchung des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) und der Deutschen Gesellschaft für Personalführung (DGFP) sagen stolze 93 Prozent der befragten Unternehmen, dass sie jetzt ständig Web- oder Videokonferenzen durchführen. Fast zwei Drittel sagen, dass sie mittlerweile auch Mitarbeitergespräche digital führen und immerhin 57 Prozent halten sogar ihre Einstellungsgespräche per Videokonferenz ab.
„Remote Work wird bleiben und die Grundlage für eine konsequente Digitalisierung von Unternehmensprozessen sowie den digitalen Workplace bilden“, lautet die Prognose von Peter Janze. Zugleich weist er darauf hin, dass die Reise zum Digital Workplace noch lange nicht zu Ende ist, vor allem nicht technisch gesehen. „Der Digital Workplace kommt nicht nur in Form neuer, zusammenarbeitsfördernder IT-Infrastruktur, sondern unterstreicht zudem die Notwendigkeit von neuen Architekturen“, mahnt Janze.
Mit seiner Zukunftseinschätzung der breiten Akzeptanz von Remote Work über den Horizont der Corona-Krise hinaus dürfte Janze richtig liegen, denn auch die betroffenen „Heimarbeiter“ zeigen sich nach anfänglichen Bedenken überwiegend zufrieden. Das spiegelt sich bereits in vielen Umfragen wider. „Der Wunsch nach mehr Homeoffice ist sehr stark ausgeprägt. Rund 68 Prozent der befragten Arbeitnehmer wünschen sich nach der Corona-Krise mehr Homeoffice als zuvor“, heißt es in einem Bericht des Bayerischen Forschungsinstituts für Digitale Transformation (bidt).